Podium 2: Rundfunk am Limit – Wird die vierte Gewalt überflüssig?

Mit Anja Arp, ARD-Freienrat 
Florian Braun CDU, Landtag NRW, Ausschuss Kultur/Medien 
Maria Exner, PUBLIX
Mona Neubaur, Bündnis 90/Die Grünen, Stv. Ministerpräsidentin NRW
Jörg Schönenborn, WDR-Programmdirektor Information, Fiktion und Unterhaltung 
Prof. Dr. Frank Überall, DJV-Vorsitzender
Moderation Stefan Tiyavorabun 

Radio, Fernsehen, Online in hoher Qualität zum Schnäppchenpreis? Zu dieser Fragestellung gab es am Samstag, 14.10., am  Nachmittag noch einmal eine spannende Podiumsdiskussion.  Zunächst wurde über die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks diskutiert. Alle Diskussionsteilnehmer waren sich einig, dass die Legitimationsdebatte eigentlich überflüssig ist, da die öffentlich-rechtlichen Programme eine sehr wichtige Bedeutung für die Gesellschaft und letztlich auch für unsere Demokratie haben. Es wurden Vergleiche zu anderen Staaten gezogen, wo das deutsche Modell viele Bewunderer hat.

Copyright: WDR/Taimas Ahangari

Nächster Schwerpunkt der Diskussion waren die Zukunftsaufgaben. Hier wurde thematisiert, wie sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk entwickeln muss, um auch in Zukunft seine Aufgaben gut zu erfüllen. Hier äußerten die Diskussionsteilnehmer verschiedene Wünsche von mehr Vielfalt in der Berichterstattung  bis zum Ausbau des Digitalen und der Mediathek. Weiterhin wurde gefordert, dass es keine Selbstzensur geben dürfe und man sich nicht durch Shitstorms einschüchtern lassen soll.  

Beim Thema Geld gingen die Meinungen  auseinander. Bei der Diskussion über die Finanzierung wurde deutlich, dass es in den kommenden Jahren vermutlich nicht zu einer Erhöhung der Beiträge kommen wird, obwohl die Inflation nach wie vor relativ hoch ist. Während die Einen anmahnten, dass sich die Sender darauf einstellen müssten, da eine deutliche Erhöhung der Beiträge kaum vermittelbar sei, drängten andere darauf, mit mehr Selbstbewusstsein eine Anpassung der Beiträge in Richtung Inflationsausgleich zu verlangen.

Copyright: WDR/Taimas Ahangari

Zum Schluss der spannenden Diskussionsrunde  ging es noch einmal um die Glaubwürdigkeit der öffenlich-rechtlichen Sender und wie man am besten einem möglichen Vertrauensverlust vorbeugt. Dabei wurde aber auch betont, dass die Akzeptanz vielerorts weit höher ist als oft befürchtet. Dazu gab es auch ein paar Beispiele, die aus dem Publikum beigesteuert wurden.  Fazit: Eine packende Diskussion, die vor allem da spannend wurde, wo es um die Frage der künftigen Finanzierung und der damit verbundenen Auswirkungen ging.

Text: Agnese Franceschini  Johannes Höflich

Dickes Brett für den RBB

„Wir fühlen uns, als hätten wir die Champions League gewonnen“, strahlte Christoph Hölscher und riss das „dicke Brett“ Richtung Hallendecke im Foyer des WDR-Funkhauses. Diesen Wanderpreis – ein Holzbrett mit Lack und Rinde – hatte soeben die Freienberatung des RBB gewonnen – zum Abschluss des ARD-Freienkongresses in Köln.

Das dicke Brett

Geehrt wurde die Freienvertretung beim Rundfunk Berlin Brandenburg für ihren Newsletter, den sie seit fünf Jahren Woche für Woche produziert und verteilt. „Inzwischen“, so erklärte Stefan Tiyavorabun aus der Jury des ARD-Freienrates, „haben sich die Infoschriften so etabliert, dass sie auch von der Geschäftsleitung abonniert werden – und gefürchtet sind.“

Bestes Beispiel: Bei den jüngsten Tarifverhandlungen versuchte der RBB, eine Kappungsgrenze für Honorarerhöhungen so zu verändern, dass Erhöhungen bei vielen freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht angekommen wären. „Wir haben im Newsletter darüber berichtet“, erzählte Mit-Preisträgerin Dagmar Bednarek, „und dann ging ein solcher Shitstorm los, dass der Sender bei den Verhandlungen eingebrochen ist. So konnten Einsparungen von rund 400.000 Euro zu Lasten der Freien nicht umgesetzt werden.“

Das überzeugte die Jury des ARD-Freienrates. Die anderen Nominierten – der Personalrat des WDR für sein regelmäßiges Beratungsangebot an die Freien und die Freienberatung des Deutschlandradios für ihre Mailingliste – gingen leer aus, hatten aber vollstes Verständnis für die Entscheidung der Jury.

Autor: Uwe Dietz, WDR

Panel B: Frei, alt und arm?

Die ARD ist ein einziger Moloch, jedenfalls, wenn es um die Themen Kranken-/Rentenversicherung und Pensionskasse geht. Es gibt so gut wie keine allgemeingültigen Regeln. Jede Anstalt geht anders vor, jede Personalabteilung bezieht sich auf andere Tarifverträge. Statusfragen und Beschäftigungsverhältnisse sind überall unterschiedlich. Das war das Ergebnis einer 90minütigen Diskussion, die Moderatorin Anja Arp so zusammenfasste: „Bei allen Fragen rund um Versicherung und Altersvorsorge gilt: Gut buchführen, alles genau kontrollieren und so oft nachfragen wie es geht.“

Über 30 Kolleginnen und Kollegen beteiligten sich im Panel B an der Debatte zum Thema „Frei, alt und arm?“ Von Beginn an war klar: Die Freien in den öffentlich-rechtlichen Anstalten machen sich große Sorgen, wenn sie daran denken, dass sie älter werden und auf Zahlungen der Versorgungskassen angewiesen sind. Denn egal, ob sie als Selbständige über die Künstlersozialkasse oder als abhängig Beschäftigte über die Sender in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen – allein auf diese Rente zu bauen, bedeutet für Freie den ziemlich sicheren Gang in die Altersarmut.

Anja Arp, Iris Gebing 
Copyright: WDR/Taimas Ahangari
Copyright: WDR/Taimas Ahangari

Frühzeitig sollten junge Kolleginnen und Kollegen sich deshalb der Zusatzversorgung der Pensionskasse für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten anschließen. Die Sender zahlen auf jedes Honorar einen Zuschuss von 4 Prozent. Jeder kann dann entscheiden, ob er weitere 4 oder weitere 7 Prozent, also insgesamt 8 oder 11 Prozent an die Pensionskasse abführt. „Sobald man 62 Jahre alt ist“, erklärte Iris Gebing von der Pensionskasse, „kann man dann entscheiden, ob das Kapital sofort oder jederzeit bis spätestens zum 70. Lebensjahr als Rente ausgezahlt wird oder auch als Komplettsumme.“ Was für den Einzelnen die beste Lösung sei, so die Expertin, müsse jeder für sich selbst entscheiden. „Die beste Beratung dazu gibt es an unserem Servicetelefon unter der Rufnummer 069-1554100.“

Eine besondere Bedeutung bei der Rentenberechnung kommt auch der Kontenklärung bei der Deutschen Rentenversicherung zu. Regelmäßig schickt die Versicherung ihren freiberuflich tätigen Mitgliedern eine Übersicht über die gezahlten Beiträge. Darin werden nicht nur die zu erwartenden Rentenhöhen mitgeteilt. Es wird auch aufgelistet, in welchen Zeiträumen jemand gearbeitet hat. „Oft passieren aber Übertragungsfehler zwischen Sender und Rentenkasse“, erzählte eine Kollegin vom ZDF aus eigener leidvoller Erfahrung. „Ich war froh, dass ich die uralten Abrechnungen meiner Beitragszahlungen noch im Keller hatte. Damit konnte ich der Rentenkasse zusätzliche Zahlungen nachweisen. Und habe nun einen höheren Rentenanspruch.“

Sehr unterschiedlich gehen die Landesrundfunkanstalten mit der Meldung von Arbeitstagen um. Oftmals wird jeder Tag einzeln abgerechnet – auch mit der gesetzlichen Krankenversicherung. Dann ist man zwar vier Wochen lang versichert. Aber nur an diesem einen Tag Mitglied der Krankenkasse. Das kann zum Problem werden, wenn man Rentner wird. „Denn wer“, so erläuterte der zweite Moderator Manfred Kloiber, „nicht nachweisen kann, dass er an 90 Prozent der Tage in der zweiten Hälfte seines Erwerbslebens gesetzlich krankenversichert war, der kommt nicht in die Krankenversicherung der Rentner und muss sich dann privat oder freiwillig versichern.“

Deshalb kann es wichtig sein, sich als „unständig Beschäftigte“ einstufen zu lassen. „Ich rate dazu in den meisten Fällen“, erläuterte Jasmin Schäfer vom Personalservice des WDR, „denn dann bleibt man drei Wochen nach einem Arbeitstag Mitglied der Krankenkasse. Der Nachteil ist aber, dass die Beiträge etwas höher sind.“

Und es kann passieren, wenn in diesen drei Wochen nicht ein neuer Arbeitstag gemeldet wird, dass man plötzlich nicht mehr versichert ist und vom Arzt gar nicht mehr behandelt wird. „Das war ein großer Schock“, berichtete eine Kollegin des Hessischen Rundfunks, besonders, wenn man als „Mutter von zwei Kindern“ auch für die beiden Verantwortung hat, die aber auch nicht mehr versichert sind. Diese  Probleme treten auch auf, wenn Redaktionen ihre Honorarzahlungen ein paar Tage liegen lassen und die Meldung des Arbeitstages zu spät erfolgt.

Copyright: WDR/Taimas Ahangari
Copyright: WDR/Taimas Ahangari

Manfred Kloiber kritisierte die überaus komplizieren  versicherungsrechtlichen Regelungen als „Mogelpackung zu Lasten der Freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“.  Alle Sender wüssten schließlich, dass diese über 18.000 Leute in Deutschland als dauerhafte Beschäftigte im Einsatz sind: „Vor allem die Politik ist gefordert, endlich für einheitliche und klare Regelungen im Bereich der Sozialversicherung zu sorgen. So kann es einfach nicht weitergehen.“

Im Bereich des Bestandsschutzes dagegen scheinen ARD-weite Reglungen unmöglich. Die Diskussion im Panel zeigte, dass jeder Sender unterschiedlich vorgeht, wenn freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weniger oder gar nicht mehr beschäftigt werden. Der Mitteldeutsche Rundfunk zahlt Honorare nur vorübergehend weiter, wenn jemand mindestens 20 Jahre durchgängig beschäftigt war. Beim RBB verhandeln Gewerkschaften und Sender noch um entsprechende Vereinbarungen. Und der WDR bietet nach mindestens 5 Jahren Beschäftigung eine Abfindung an. „Das liegt ganz einfach daran“, erläuterte Franziska Grimm vom WDR-Personalservice, „dass das Regelungen in Tarifverträgen sind. Und die sehen in Köln eben anders aus als in Stuttgart, Leipzig oder Berlin.“

Am Ende gibt es nur ein Signal, das von diesem Panel an alle Freien gesendet wird. Anja Arp: „Man kann sich nicht genug Beratung einholen. Egal, ob in Personalabteilungen oder bei Personalräten, bei den Versicherungen oder Rentenkassen oder auch bei neutralen Experten. Jeder muss sich für sich selbst um die beste Altersversorgung kümmern, damit es kein böses Erwachen gibt.“

Autor: Uwe Dietz, WDR

Podium 1: Unsicher, unterbezahlt, unzufrieden – Freie ohne Zukunft?

Die ARD steht vor der wohl größten Herausforderung ihrer Zeit! Mit diesen Worten hat WDR-Intendant Tom Buhrow zu Beginn des diesjährigen ARD-Freienkongresses im WDR-Funkhaus in Köln die derzeitige Situation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beschrieben.

Egal wie die Empfehlung der KEF für die nächste Beitragsperiode ausfalle, sei es danach äußerst fraglich, ob die Bundesländer ihr zustimmten.

Dennoch versicherte der WDR-Intendant, dass Freie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk weiter eine zentrale Rolle spielen werden.

Copyright: WDR/Taimas Ahangari

Aber wie sieht diese Rolle aus?

Jede/r dritte Beschäftigte im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist nicht festangestellt, sondern arbeitet „frei“ und macht hauptsächlich das Programm. Trotzdem sind ihre Jobs nicht sicher, und sie sind oft die ersten, die von geforderten Einsparungen direkt betroffen sind.  Es geht um nicht weniger als 18.500 Kolleginnen und Kollegen.

Daraus resultiert bei ihnen eine enorme Unzufriedenheit, berichtet Christoph Reinhardt von der rbb-Freienvertretung. Viele Kolleginnen und Kollegen vermissten Wertschätzung ihres Auftraggebers und sprächen sogar von Geringschätzung. 

Copyright: WDR/Taimas Ahangari

Doch woher stammt diese Unzufriedenheit?

Für Dr. Katrin Vernau, WDR-Verwaltungsdirektorin, sind die Freien in der ARD nicht wegzudenken. Allerdings müssten sie sich weiterentwickeln. Tarifverträge seien zum Teil veraltet und müssten mit den Gewerkschaften zukunftssicher gestaltet werden.

Tatsächlich verhandelt der WDR derzeit mit den Gewerkschaften über einen neuen Honorarrahmen für Freie. Nach ersten Entwürfen zeigt der jedoch, dass auf viele Freie erhebliche Einkommensverluste zukommen würden.

Und das, obwohl sich freie Journalistinnen und Journalisten ständig weiterbilden und weiter entwickeln, berichtet Stephanie Hajdamowicz, Freie im WDR und stellvertretende Personalratsvorsitzende. Sie hat für den ARD-Freienrat die Moderation der Auftaktveranstaltung übernommen. Weniger Geld der Beitragszahler führe zu weniger Programm, und das bedeute weniger Geld für die Programm-gestaltenden Kolleginnen und Kollegen.

Viele Freie wünschten sich daher, dass die ARD-Intendanten noch stärker in die Pflicht  genommen werden, sagt Matthias von Fintel, Bereichsleiter Medien, Journalismus und Film bei der Gewerkschaft Verdi. Diese müssten noch vehementer für eine ausreichende Finanzierung eintreten und bei den Bürgern stärker kommunizieren, was diese für ihr Geld eigentlich bekämen.

Copyright: WDR/Taimas Ahangari

Eine Forderung, die auch durch mehrere Redebeiträge aus dem Publikum unterstrichen wurde.

Im europäischen Vergleich steht der öffentlich-rechtliche Rundfunk beim Thema Unabhängigkeit noch ganz gut da. Das sagt zumindest Petra Kammerevert, die Vorsitzdende des WDR-Programmausschusses und Mitglied des Europäischen Parlaments. Dennoch ist die Politikerin der Meinung, dass die alte Parole der ARD – „Wir sparen überall, nur nicht am Programm“ –  nicht mehr haltbar sei. Wenn dann Sendungen eingestellt werden, träfe das natürlich auch Freie. Auch wenn Rundfunkrat und Programmausschuss keine Möglichkeit hätten über Honorare für Freie mitzureden, so hätten die Gremien sehr wohl im Blick, dass Arbeitsverdichtung gepaart mit Unzufriedenheit zu Lasten der Qualität geht.

Copyright: WDR/Taimas Ahangari

Harte Arbeitsbedingungen, die sich wahrscheinlich in absehbarer Zukunft noch verschlimmern könnten. Für etwas Sicherheit würde da sorgen, wenn alle Sender ihren Freien zumindest die Sorge vor Jobverlusten nehmen könnten. So fordert Christoph Reinhardt von der rbb-Freienvertretung Kündigungs- und Bestandsschutz für programmgestaltende Freie. Dass so etwas geht, haben andere Sender, wie etwa der SWR, bereits vorgemacht.

Autor: Stephan Hackenbroch

1. Mai im RBB – Stellungnahme zum Protest der Freien

Auch heute am Tag der Arbeit ist es wichtig, für gerechten Lohn und faire Arbeitsbedingungen einzutreten. Die RBB-KollegInnen protestieren heute unter dem Titel KAPUTTSPAREN. GUTES PROGRAMM BRAUCHT GUTE ARBEITSBEDINGUNGEN – HERAUS ZUM 1. MAI! Wir als ARD-Freienrat, stehen hinter allen KollegInnen, die heute dafür auf die Straße gehen! Solidarität ist wichtig. Auch als Mitglied des Vorstands des ARD-Freienrats kann ich nur sagen: Geld für guten Journalismus ist wichtig! Arbeit darf nicht krank machen! Gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit! Bestandsschutz für alle Freien! Denn die Zukunft der ÖRR geht uns alle an! Wir Freie machen zum großen Teil das Programm! Wir dürfen nicht 2. Klasse KollegInnen sein. Wir brauchen faire Bedingungen! Transparenz. Wertschätzung. Augenhöhe. Und ein gutes Programm, das unter fairen Bedingungen entsteht! Deshalb sollte auch der RBB in die Qualität ihrer freien MitarbeiterInnen investieren. Denn nur gemeinsam schaffen wir es, den öffentlich rechtlichen Rundfunk zu erhalten! Um auch weiter Qualitätsnachrichten zu produzieren. Der Krieg in der Ukraine zeigt, wie wichtig wir sind!

Stephanie Hajdamowicz
Vorstand ARD-Freienrat

ARD-Freienkongress zieht positive Bilanz

Das Ende des dreitägigen ARD-Freienkongresses fällt mit der Verabschiedung des novellierten Bundespersonalvertretungsgesetzes zusammen. Mit der darin enthaltenen Aufnahme arbeitnehmerähnlich frei Mitarbeitender in die Geltung des Gesetzes erfüllt sich eine langjährige Forderung der Freien im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. In den letzten rund 20 Jahren ist die freie Mitarbeit zu einer ganz normalen Beschäftigungsform im öffentlich-rechtlichen Rundfunk geworden, welche sich oft kaum noch von Angestellten unterscheidet. Es ist daher gut und richtig, dass die Novellierung des Gesetzes dies nun auch berücksichtigt.

In den vergangenen drei Tagen haben sich mehr als 300 freie Mitarbeitende zum 5. ARD-Freienkongress online getroffen.

Am Dienstag ging es um die Frage, inwieweit die Beschäftigung freier Mitarbeitender heute noch dem programmlichen Abwechslungsbedürfnis unterliegt oder ob nicht viele Freie eher wie Angestellte arbeiten. Der frühere Justitiar des Saarländischen Rundfunks, Verfassungsrechtler Prof. Dieter Dörr, sagte: „Wenn Sie mich jetzt nach meiner persönlichen Einschätzung fragen – die ich ja heute ganz frei als Wissenschaftler geben kann – dann sehe ich das genau wie Sie: Das hat sich verändert. Das hat sich deutlich verändert, und es ist in diesen Bereichen kein wirkliches Bedürfnis mehr da, dies in freier Mitarbeit zu machen.“

Der zweite Tag beschäftigte sich mit der Personalvertretung der Freien in den Sendern, denn nur bei der Hälfte der Sender haben die Freien Sitz und Stimme im Personalrat. Mit der Novellierung des Bundespersonalvertretungsgesetzes werden in nächster Zeit auch die Freien bei Deutschlandradio, Deutscher Welle, NDR und RBB über die Personalräte vertreten werden. In dem neuen Gesetz ist zwar festgelegt, dass die „maßgeblich an der Programmgestaltung mitwirkenden“ Freien ausgeschlossen bleiben sollen, dies betreffe aber nur einen sehr kleinen Teil der arbeitnehmerähnlichen Freien, erklärte MdB Volker Kauder (CDU) auf dem ARD-Freienkongress, die allermeisten werden also künftig vertreten sein: „Es geht um die obersten Managerposten in den Sendern, vergleichbar mit Intendanten, Direktoren oder Justiziaren. Lange Rede, kurzer Sinn, Strich drunter: Das Ziel für Sie ist erreicht. Sie werden vom Personalvertretungsgesetz umfasst.“

Die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus Antje Kapek bedauerte die Verzögerung bei der Neufassung des RBB-Staatsvertrages. Dies könnte dazu führen, dass erst 2024 Freie in den Personalrat des RBB kommen würden. Kapek dazu: „Ich gebe Ihnen mein Wort, das wir nichts unversucht lassen, um diese Regelung jetzt möglichst zeitnah auf den Weg zu bringen.“

Auf deutliche Kritik bei den Teilnehmenden des Kongresses stieß der geplante MDR-Staatsvertrag, der diese Neuregelung des Bundespersonalvertretungsgesetzes für den Mitteldeutschen Rundfunk ausdrücklich ausschließt. ARD-Freienrat Rüdiger Trojok forderte eine Abkehr von dieser Linie und eine baldige Evaluierung des Staatsvertrages mit dem Ziel, dass auch beim MDR Freie künftig im Personalrat vertreten sind.

Der dritte Kongresstag befasste sich mit der Beschäftigungssicherung für Freie. Anders als Angestellte, mit denen sie oft Seite an Seite arbeiten, haben viele der arbeitnehmerähnlichen Freien keine Garantie dafür, dass sie morgen oder nächste Woche beschäftigt werden. Dies ist von Sender zu Sender sehr unterschiedlich in Tarifverträgen geregelt. Viel Zuspruch bekam SWR-Personalchef Thomas Schelberg für das Bestandsschutzmodell im Südwestrundfunk. Demnach haben feste Freie einen Anspruch auf eine dauerhafte Beschäftigung, ähnlich wie ihre angestellten Kolleg*innen. So betonte der SWR-Personalchef: „Wir brauchen Freie genauso wie die Festen“, dies gelte eben nicht nur tageweise, sondern dauerhaft.

Der Bestandschutz beim RBB bietet für nicht-programmgestaltende Freie (z.B. Kameraleute, Cutter*innen oder Grafiker*innen) ein hohes Maß an Sicherheit, nicht aber für Journalist*innen. Marika Kavouras, die den Tarifvertrag für ver.di mit verhandelt hat, forderte die gleiche Beschäftigungssicherung für alle Freien.

Auch wenn das neue Bundespersonalvertretungsgesetz ein Meilenstein ist und die Gewerkschaften ver.di und DJV mit einzelnen Tarifverträgen wesentliche Fortschritte erzielt haben, sieht der ARD-Freienrat noch einen erheblichen Handlungsbedarf: Die festen Freien im öffentlich-rechtlichen Rundfunk dürfen nicht länger Mitarbeitende zweiter Klasse sein, denn sie machen den größten Teil des Programms.

ARD-Freienrat fordert Beschäftigungssicherheit für alle Rundfunkfreien!

Zur Entlassung von 75 freien rbb-Mitarbeiter*innen nimmt der Freienrat Stellung:

Der ARD-Freienrat übt scharfe Kritik an den Plänen des rbb, im Zusammenhang mit der Veränderung seines TV-Vorabendprogrammes 75 teils langjährige Freie auf die Straße zu setzen. Durch die Einstellung der Magazine „zibb“ und „rbb um6“ sollen nach Auskunft des Senders ab 2022 mehr als 2 Millionen Euro im Jahr gespart werden – wie so oft vor allem auf den Rücken der Freien. Die betroffenen Kolleginnen und Kollegen arbeiten teilweise seit dreißig Jahren für den Sender – eine verbindliche Beschäftigungsperspektive über das Jahr 2021 hinaus will ihnen der rbb trotzdem nicht geben.

Das ist Folge der mangelhaften sozialen Absicherung nicht nur für rbb-Freie, die vom ARD-Freienrat schon seit langem kritisiert wird. Die Ereignisse beim rbb zeigen nun überdeutlich, dass die Rundfunkfreien dringend mehr Beschäftigungssicherheit brauchen – durch Festanstellung oder wirksame Bestandsschutzregelungen. Leider hinkt der rbb in dieser Hinsicht hinter anderen Sendern wie dem SWR, dem HR oder dem ZDF her. Das rächt sich jetzt bitter für die von Kündigung betroffenen rbb-Freien.

Der ARD-Freienrat fordert deshalb Beschäftigungssicherheit für alle ca. 18.000 arbeitnehmerähnlichen freien Mitarbeiter*innen von ARD, ZDF und Deutschlandradio!

Die von den Sendern gerne und häufig wiederholte Behauptung, die Rundfunkfreiheit sei in Gefahr, wenn sie sich nicht jederzeit schnell und unbürokratisch von freien Mitarbeiter*innen trennen könnten, weist der ARD-Freienrat entschieden zurück. Tatsächlich geht es bei den Entlassungen von Freien meistens – wie auch jetzt beim rbb – nicht um Vielfalt und Abwechslung im Programm, sondern lediglich ums Sparen. Das hat mit Rundfunkfreiheit jedoch nichts zu tun! Auch der ARD-Freienrat sieht die Notwendigkeit, dass die Programmangebote von ARD und ZDF teilweise erneuert und verbessert werden müssen. Dies kann und muss aber gemeinsam mit den freien Mitarbeiter*innen geschehen, nicht gegen sie und auf ihre Kosten!