„Ohne Freie Funkstille – wie austauschbar sind wir wirklich?“

Eröffnungspodium 3.Freienkongress 2018 Radio Bremen 20.03.18 von links nach rechts: Olaf Joachim – Chef der Senatskanzlei Bremen + ZDF-Fernsehrat, Intendant Radio Bremen, Jan Metzger, Hanna Möllers, freie Journalistin + Personalrat Bremen, Cornelia Haß, DJU, BundesGF, David Schraven, Founder Recherchenetzwerk correctiv.org, Doris Achelwilm, Die LInke MdB, Ausschuss Kultur+Medien Bundestag

Die ARD-Anstalten beschäftigen bundesweit mehr als 18 000 freie Mitarbeiter – Tendenz steigend.

An allen ARD-Häusern sind Interessenvertretungen für Freie vorhanden, jedoch ist die Form wie Handlungs-spielraum der jeweiligen Vertretungen in den einzelnen Häusern recht unterschiedlich.

Die Anerkennung der jeweiligen ARD-Freienvertretung reicht von Freien im Personalrat mit aktiven Wahlrecht bis geduldete Freiensprecher –

z.B.: Die Freienvertretung Radio Bremen hat sich seit 2017 einen ständigen Sitz mit aktiven Wahlrecht im Personalrat erkämpft, nach Bundesverfassungsurteil 2017 –  die RBB- Freienvertretung agiert unter Freienstatut , u.a. mit Freistellung für Freientätigkeit – die DW- wie MDR-Freienvertretung sind nur geduldet mit Anhörungsrecht – in anderen Sender hingegen fehlt jegliche Anerkennung der Freienvertretung.

Freie als freiverfügbares Sparpotential in Zeiten des Spardrucks

Freie sind besonders gefährdet bei Programmkürzungen.

Exemplarisch schilderten Freie aus WDR, RBB, DR, SWR wie DR ihre Erfahrungen zum Arbeiten in Zeiten immensen Spardrucks:

  • „Freie sind Sparpuffer der Sender“
  • Alltag für Freie = „steter Leistungszuwachs mit gleichzeitiger Honorarkürzung“
  • „Redaktionen nahezu skelettiert“ – weitersparen hieße massiver Substanzverlust
  • Freie immer noch ohne jegliche Wertschätzung und Perspektive
  • immer mehr prekär beschäftigte Freie – „Ausbeutung der Jungen“

 Öffentlich-rechtliche Rundfunk ohne Freie überhaupt machbar ?

Der Intendant von Radio Bremen, Jan Metzger betonte, ohne Freie seien viele Programme nicht machbar. Die ARD unterliege jedoch dem Sparzwang. Dennoch schliesse er betriebsbedingten Kündigungen bei Festangestellten aus, so der Intendant weiter.

Verfahrensweise sei, alles was nicht Programm sei zu verändern, um Programm zu schützen.

Er stelle sich auch vehement gegen die angebliche Legitimationskrise der Öffentlich-rechlichen. Laut einer Studie nutzen 80 % der Bundesbürger ab 13 Jahren regelmässig das vielfältige ARD-Programm, das sei eine gute Reichweite.

Olaf Joachim, Chef der Senatskanzlei, Freie Hansestadt Bremen und  Fernsehrat ZDF konterte. Im alten GEZ-System hätte sich die Gruppe Kritiker den Gebührenzahlungen entziehen können. Seit der Umstellung seien aber auch praktisch 100% Beitragszahler – darum müssten auch die vielleicht 10% der Ablehner überzeugt werden. Er fände, knapp 8 Mrd. Einnahmen pro Jahr sei eine recht gute Voraussetzung für gutes Programm. Die KEF empfehle sogar eine Senkung des Beitrages bis 2020. Auch müsse aus seiner Sicht die zunehmende Vegreisung der Nutzer des öffentlich-rechtlichen Angebotes vermieden werden.

Cornelia Haß, DJU-Bundesgeschäftsführerin ergänzte, ein europaweites Umdenken der Finanzierung sei nun mal da,  siehe No-Billag-Debatte in der Schweiz . Gerade der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk spräche auch intensiv ihre Kritiker an , mit neuen Plattformen, die man aus bestehenden Mitteln aufbaue. Bereits jetzt gäbe es Sender, die Personalkosten als Sachmittel verschleierten. Es fehle ein ehrliches Zugeständnis der Sendeverantwortlichen, dass Qualität eben koste. Die vielen Freien des Öffentlich-Rechtliche Rundfunks seien der Garant für gute Qualität, die Gewerkschaften unterstützen daher eine Beitragserhöhung.

David Schraven, Founder Non-profit-Recherchenetwork correctiv.org  gab zu bedenken, dass die Legitimations-Debatte um Rundfunkratsbeitrag eine gefährliche sei und Populisten direkt in die Hände spiele. Warum nicht über Umverteilung der bestehenden Gelder nachdenken,  z.B. die ca. 250 Mio für Sportrechte nicht mehr bezahlen, so Schravens provokanter Vorschlag.

Intendant Metzger wies Schravens Vorschlag scharf zurück. Ausstrahlung wichtiger Sportereignisse sei sehr wohl der Programmauftrag des Öffentlich-Rechtliche Rundfunks, genauso wie Unterhaltung/ Spielfilme, da würde ARD-weit fast die selbe Summe, d.h. ca. 250 Millionen ausgegeben.

Doris Achelwilm ( Die Linke ), MdB – Ausschuss für Kultur und Medien im Bundestag sowie Rundfunkratmitglied Radio Bremen sagte, sie sehe die  wachsende Verlagerung des Kostendrucks auf Freie. Dieses Thema müsse dringend angepackt werden – genauso müsse aber auch eine Transparenz der Kosten her.

Die Podiumsdiskussion endete mit Dank an die Intendanz und den Personalrat des RB, die  den Freienkongress unterstützten,  und mit dem Versprechen, sich weiter auszutauschen und mit Freien im Gespräch zu bleiben.

 

Summery der Forderungen der Freienkongressteilnehmern:

  • Klare Definition des öffentlich-rechtlichen Sendeauftrages
  • Transparenz der Gelder
  • klares Bekenntnis zu kostenintensivem, nachhaltigem Qualitätsjournalismus
  • Übernahme der sozialer Verantwortung für Freie
  • Anerkennung der Schutzbedürftigkeit für Freie
  • Wunsch: Freienexpertise als Expertenforum wahrnehmen und bei Intendanz-Rundfunkrat-Politikrunden anfragen.

Bericht: Dagmar Melzer (DW)