Freie Mitarbeiter von ARD und ZDF haben sich in Leipzig getroffen

Knapp 200 freie Mitarbeiter aller Anstalten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fanden sich am Wochenende zum 4. Freienkongress zusammen, um sich über die Arbeitsbedingungen und Problemfelder freier Mitarbeit auszutauschen. Organisiert und veranstaltet haben den Kongress der ARD- und der MDR-Freienrat. Zur Eröffnung hob MDR-Intendantin Karola Wille hervor, Freie tragen in jeder einzelnen Rundfunkanstalt „tagtäglich mit hoher Professionalität, mit großem Engagement, mit einem ganzen Stück Leidenschaft dazu bei, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der Gesellschaft akzeptiert ist.“

Strukturreform und Sparmaßnahmen

Michael Kretschmer, Ministerpräsident von Sachsen
Foto: Jan-Markus Holz

Am ersten Kongresstag wurde in der Podiumsdiskussion „Sparen bei den Freien? – ARD-Finanzierung und Strukturreform 2021-2024“ unter anderem die finanzielle Ausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die Diskussion um die Gebührenerhöhung diskutiert. Ministerpräsident Michael Kretschmer sagte dazu, er sei sehr dafür, für eine bessere finanzielle Ausstattung zu kämpfen. Dabei müsse man aber auch darauf achten, was der Öffentlichkeit vermittelbar ist.

„Eine Institution muss das Geld bekommen, das es für die Erfüllung ihres Auftrags braucht.“
Michael Kretschmer, Ministerpräsident von Sachsen

Cornelia Berger, ver.di, Bundesgeschäftsführerin der dju Foto: Jan-Markus Holz

Von Gewerkschafterin Cornelia Berger (ver.di/dju) gab es Kritik an der Politik: Sie würde sich wünschen, dass die Ministerpräsidenten den Menschen erklären würden, warum der öffentlich-rechtliche Rundfunk wichtig ist. Der MDR-Verwaltungsdirektor Ralf Ludwig sagte hinsichtlich der Sparmaßnahmen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des Vorwurf, dass die Freien diesbezüglich die Manövriermasse seien, es gehe nicht auf Kosten der freien Mitarbeiter, sondern auf Kosten der Rundfunkanstalt.

Am Ende der Diskussion sagte Ministerpräsident Kretschmer den Freienvertretungen zu, im Gespräch zu bleiben. In den kommenden Wochen werde es dazu Verabredungen geben. Mit seiner Teilnahme am Kongress, habe er auch seine Wertschätzung gegenüber den Freien im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zum Ausdruck bringen wollen.

Themenrunden von Festanstellung bis Age Management
In den zwei Tagen wurden in verschiedenen Panels Themen wie Unternehmenskultur, Age Management, Honorare oder die Festanstellung freier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erörtert. So gab es von Experten Tipps zur sicheren journalistischen Arbeit bei Demonstrationen beispielsweise von gewaltbereiten Rechtsextremisten. In einem Panel zu investigativer Arbeit wurde festgestellt, dass man eine langen Atem und eine Redaktion benötigt, die bei der Recherche auch hinter einem steht.

„Weil in Deutschland immer mehr geklagt wird, braucht man auch Redakteure, die einen starken Rücken haben.“
Marcus Bensmann, Recherchezentrum Correctiv

Ebenfalls erörtert wurde die schwindende Attraktivität des Öffentlich-Rechtlichen für junge Journalisten. Julius Heeke (Radio Bremen) zufolge ist der ö/r Rundfunk nur „ein Anbieter unter vielen. Und da sind die Arbeitsbedingungen oder auch die Bezahlung manchmal gar nicht so attraktiv.“ Zum Thema Honorare gab es ein weiteres Panel, bei dem die sich verändernden Tätigkeiten und Bezahlungen erörtert wurden. Matthias von Fintel (ver.di) bemerkte dazu, dass für viele Freie Geld auch „Ausdruck für Wertschätzung“ sei und „gerade für Selbstständige die maßgebliche Rechengröße.“

Ute Opritescu (IG Metall Bayern) verwies in ihrem Panel zu Statusfeststellungsklagen, dass jeder Fall als Einzelfall betrachtet werden müsse und dass dringend zwischen arbeitsrechtlichem, sozialversicherungsrechtlichem und steuerrechtlichem Status unterschieden werden muss. Bestandteil aller Panels war eine lebendige und fruchtbare Diskussion, bei der sich die Besucher und Experten über die unterschiedlichen Erfahrungen in den jeweiligen öffentlich-rechtlichen Sendern austauschten.

Podiumsdiskussion: Anständige Vertretung

Prof. Dr. Frank Überall, Vorsitzender DJV
Foto: Jan-Markus Holz

Zum Abschluss des Kongresses gab es eine Podiumsdiskussion zum Thema „Freie in die Personalräte“, an der auch das Publikum leidenschaftlich teilnahm. Der medienpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Martin Rabanus. sagte, er „halte es für absolut zwingend notwendig, dass die Freien auch eine vernünftige personalrechtliche Vertretung haben.“ Der Vorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbandes, Frank Überall, merkte dazu an: „Feste Freie in die Personalräte löst nicht alle Probleme. Das tut die Straßenverkehrsordnung aber auch nicht und trotzdem haben wir sie irgendwie lieb gewonnen.“ Und Dagmar Bednarek von der RBB-Freienvertretung sagte „Wenn die Öffentlich-Rechtlichen die Garanten für die Demokratie sind, dann sind die freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zu 95 Prozent oder 90 das Programm machen, doch gerade besonders schützenswürdig.“

„Augenhöhe zu verordnen ist schön, Augenhöhe gesetzlich verbrieft zu haben, ist noch schöner.“
Frank Überall, Vorsitzender DJV

Auszeichnung „Das Dicke Brett“ für SWR-Freie

Dimi Triantafillu vom SWR, Kay-Uwe Hennig vom SWR, Stefan Tiyavorabun vom SWR/Ver.di, Benno Pöppelmann vom djv, Stephanie Hajdamowicz vom WDR, Christoph Stein vom SR und Rüdiger Trojok vom MDR (vlnr.)
Foto: Jan-Markus Holz

Der Preis des ARD-Ferienrats für herausragende Aktivitäten zugunsten freier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ging in diesem Jahr an die SWR-Freien. Durch den von ihnen erkämpften Tarifvertrag gibt es nun für freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Beschäftigungsgarantie bis zur Rente. Damit beweisen die Freien des SWR, die auch im Personalrat des Senders sind, egal wie dick das Brett ist – wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

Eindrücke vom Kongress