Zeit, den Status quo aufzubrechen

ARD Freienrat Köln 2023 – Panel: Was bin ich

„Neulich beim Kneipengespräch erklärte ich einem Arbeitsrechtler, dass ich arbeitnehmerähnlich bin“, schilderte ein freier Kollege die Begegnung mit einem Juristen. „Arbeitnehmerähnlich?“ entgegnete der Anwalt, „das gibt es nicht, das ist illegal.“ Die Anekdote sorgte auf dem Panel „Was bin ich? Schluss mit dem arbeitsrechtlichen Ratespiel“ für Kopfnicken und Lacher unter den Teilnehmer:innen. Viele können sich darin wieder finden. Außerhalb der Öffentlich Rechtlichen ist es schwierig Menschen zu erklären, dass wir zwar Seite an Seite mit festangestellten Redakteur:innen am selben Programm arbeiten, häufig seit Jahren und Jahrzehnten und viele sogar auf Lohnsteuerkarte, und dennoch nicht fest angestellt, aber auch nicht scheinselbständig sind.

DJV-Justiziarin Hanna Möllers, die zur Statusfrage von uns festen Freien referierte, sieht die Zeit gekommen, diesen Status in Frage zu stellen. Denn das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das Anfang der 1980er den Sendern erlaubt hatte, uns regelmäßig zu beschäftigen, ohne uns einzustellen zu müssen, wurde in einer ganz anderen Zeit gefällt. Es ermöglichte den Rundfunkanstalten diese Form der Beschäftigung, um im Sinne der Rundfunkfreiheit Vielfalt und Abwechslung im Programm zu garantieren. Feste Freie sollten damals die fest angestellten Journalist:innen ergänzen, nicht ersetzen, wie es heute der Fall ist. „Wenn jemand seit zehn, zwanzig oder mehr Jahren in derselben Redaktion mit derselben Tätigkeit arbeitet“, folgerte Möllers, „grenzt das an eine missbräuliche Inanspruchnahme des Privilegs der Rundfunkfreiheit.“ Bleibt also nur, zu klagen oder auf die Politik zu hoffen. Zum Beispiel, wenn es eine EU-Richtlinie zum Kündigungsschutz gäbe oder dieser im deutschen Recht auch auf Arbeitnehmerähnliche ausgeweitet wird.

Doch längst nicht alle Freien im Publikum waren sich einig, ob sie fest eingestellt werden wollen. Die einen betonten, sie sind froh, nicht ständig im Sender-Büro zu sitzen, sondern raus zu gehen, zu recherchieren, zu berichten und ihre Zeit freier einteilen zu können. Die anderen berichteten von der aktuellen Einklagewelle bei der Deutschen Welle, weil viele Freie auf die Straße gesetzt werden. Wieder andere beobachten ein Werben um Freie, weil viele Feste der Boomer-Generation in Rente gehen. Kolleginnen und Kollegen vom Hessischen Rundfunk und vom SWR berichteten von den dortigen Regelungen zu Beschäftigungsgarantien für Freie. Diese konnten nur durch hartnäckige Tarifverhandlungen erreicht werden. „Sammelt Ideen“, ermutigte Hanna Möllers die Panel-Teilnehmer:innen, „wie wir Auswege aus der unbefriedigenden Lage finden können.“

Miltiadis Oulios.

Die KI kommt, die Arbeit bleibt

ARD Freienrat Köln 2023 – Panel KI

Die Frage, wie Künstliche Intelligenz unsere Jobs als Journalist:innen verändern wird, bewegt uns Freie zunehmend. Kontrovers verlief dazu die Diskussion auf dem Panel mit dem augenzwinkernden Titel „KI, übernehmen Sie!?“. Während Christina Elmer, Professorin für Digitalen Journalismus an der TU Dortmund dafür plädierte, unsere Zukunft mit KI bewusst zu gestalten und zu regulieren, winkte Claudia Löbbecke, Professorin für Medien- und Technologiemanagement an der Uni Köln ab: „Happy Regulation.“

Löbbecke, die auch im WDR-Verwaltungsrat sitzt, sah ihre Rolle darin, den advocatus diaboli zu spielen und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu raten: „Im Journalismus nicht eine Sekunde Deep Fake“. Wenn die öffentlich-rechtlichen einmal anfingen, mit selbst generierten Fakes und Bots zu experimentieren, riskierten sie ihre Glaubwürdigkeit als wichtigstes Alleinstellungsmerkmal. „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht.“ Umfassende Kennzeichnung und Transparenz würden in der Praxis kaum möglich sein.

Aus den Reihen der am Kongress teilnehmenden Freien wurden Forderungen nach einer ARD-Charta laut, die dem Publikum versichert: „Jede Stimme, jedes Gesicht ist bei uns menschlich.“ Christina Elmer warb für einen offeneren Umgang mit generativer KI – also jener Programme, die neue Inhalte synthetisch erzeugen. Im Journalismus nutzen wir ja schon Künstliche Intelligenz in Form digitalisierter Archive, Transkriptionssoftwares und  datenbasierter Recherche. Heilfroh sei sie, dass die Zeiten vorbei sind, in denen man noch Archivmaterial mit dem Rollwagen durch die Senderflure schieben musste.

Der Einsatz von KI werde in Zukunft hybrid sein und Autor:innen werden sie in ihrer Arbeit mit eigener, menschlicher kreativer Leistung kombinieren. Arbeitslos werde uns die Künstliche Intelligenz nicht machen. Lediglich dreißig Prozent der journalistischen Arbeit seien Studien zufolge durch KI ersetzbar – im besten Fall verschafft sie uns Freiräume. „Wenn wir das kompetent machen, wertebasiert und gut reguliert“, so Elmer, „dann können wir mit KI-Systemen den Journalismus auch verbessern.“

Problematisch wird es allerdings mit der Vertretung der Urheber:innen-Rechte. Denn das Material, mit dem KI trainiert wird, stammt ja unter anderem von Autorinnen und Autoren, auch wenn das im Endergebnis nicht mehr nachweisbar ist. Es ist also an der Zeit, gegenüber den Anbietern eine VG-Wort-Abgabe durchzusetzen. Das wird keine KI erledigen, das müssen wir schon selbst tun.

Miltiadis Oulios.

Mehr Transparenz und Beteiligungsrechte im Rundfunk

ARD-Freienkongress fordert Reformen und mehr Beteiligung der Mitarbeitenden

Die Interessenvertretungen für die freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den ARD-Sendern und im Deutschlandradio fordern im Zug der Reformen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk mehr Transparenz und starke Beteiligungsrechte für die rund 18.000 freien Beschäftigten. Auf dem siebten ARD-Freienkongress waren an den beiden Kongresstagen am 13. und 14. Oktober insgesamt knapp 250 Teilnehmende im WDR Funkhaus in Köln zusammengekommen, um die Auswirkungen der ARD-Reformen auf die Lage der Freien und ihre Forderungen an die Politik sowie die Leitungen der Sender zu diskutieren.

Stefan Tiyavorabun (SWR), ein Sprecher des ARD-Freienrats, warnte in der Podiumsdiskussion „Rundfunk am Limit – Wird die vierte Gewalt überflüssig?“ vor einer weiteren Schwächung des öffentlich-rechtlichen Systems. Die zunehmende Dominanz von Internetplattformen ohne unabhängige Recherche und mit eigenen Interessen gefährde die demokratische Meinungsbildung, umso mehr, als der Qualitätsjournalismus im Printbereich unter starken Druck geraten sei. Er forderte alle demokratischen Parteien dazu auf, ohne Wenn und Aber für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als zentrale Säule der Demokratie einzustehen, auch wenn es erheblichen Verbesserungsbedarf gebe. Durch den jahrelangen Spardruck arbeiteten viele freie Journalistinnen und Journalisten bereits am Rand der Überlastung. Die Anforderungen an die Mitarbeitenden, die immer mehr Ausspielwege bedienen, dafür immer weniger Zeit hätten und zugleich Honorarkürzungen hinnehmen müssten, hätten sich erheblich erhöht, berichtete WDR-Personalrätin Anja Arp. „Wir sind zu einer Art eierlegenden Wollmilchsau geworden.“

Dass im Angebot der Sender bereits Qualität verloren gegangen sei, konstatierte Florian Braun, CDU-Medienpolitiker und WDR-Rundfunkrat, insbesondere mit Blick auf Social-Media-Angebote. Man habe anfangs nicht auf geschulte Journalisten gesetzt, sondern auch Leute von außen geholt, die nicht mit den Qualitätsanforderungen öffentlich-rechtlicher Sender vertraut gewesen seien.

Die stellvertretende Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, Mona Neubaur (Grüne), sprach sich uneingeschränkt für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus, plädierte aber zugleich für eine technologische Modernisierung der öffentlich-rechtlichen Angebote, insbesondere der Mediatheken. Die Arbeit der unabhängigen Journalist:innen müsse bei den Bürger:innen ankommen. Sie erwarte von den Sendern saubere Recherche, Transparenz, technologische Exzellenz „und die aktive Suche nach Öffentlichkeiten, die nicht die klassischen Öffentlichkeiten sind“. 

WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn sprach von zwei Kernfragen der Zukunft für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Einerseits sorge der Aufstieg der Plattformen für eine „Entregionalisierung“, andererseits müssten Landessender wie der WDR die regionalen Lebensräume im Blick behalten. „Wir sind in der täglichen Abwägung – und brauchen eine finanzielle Grundlage.“ Zwischen den Investitionen in Mediatheken und dem linearen Angebot gebe eine starke Ressourcenkonkurrenz.

Der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbands (DJV), Frank Überall, forderte die Politik auf, die Weiterentwicklung und den Bestand der Sender sicherzustellen. „Wenn die KEF eine Erhöhung empfehlen sollte, warne ich davor, Öl ins Feuer zu gießen und ein Wahlkampfthema daraus zu machen.“ Ein von mehreren Ministerpräsidenten geforderter Verzicht auf eine Beitragserhöhung sei ein Verfassungsverstoß.

Eine Modernisierung von veralteten Tarifverträgen hatte bereits am Freitag WDR-Verwaltungsdirektorin Katrin Vernau angemahnt. Derzeit werde beim WDR über einen neuen Honorarrahmen für Freie verhandelt. Wie wichtig faire Honorare seien, habe sie bei ihrem einjährigen Einsatz als Interimsintendantin des Rundfunk Berlin Brandenburg (RBB) erlebt. Sie habe dort eine Situation vorgefunden, in der die damalige Geschäftsleitung den Programm-Mitarbeitenden die Angleichung ihrer Honorare auf das Niveau der angestellten Kolleginnen und Kollegen zwar tarifvertraglich zugesichert, danach aber nicht finanziell unterlegt habe. Die große Unzufriedenheit der Betroffenen sei nachvollziehbar.

Christoph Reinhardt, Vorsitzender der RBB-Freienvertretung, forderte, den fehlenden Kündigungsschutz und gesetzliche Arbeitszeitregelungen für arbeitnehmerähnliche Freie durch tarifliche Regelungen zu kompensieren. Dabei müssten die ARD-Sender voneinander lernen und Best-Practice-Regelungen bundesweit ausrollen. Beispielhaft sei etwa der Bestandsschutz-Tarifvertrag des Südwestrundfunks (SWR), der dort einem Großteil der Freien ein vergleichbares Maß von sozialer Sicherheit verschaffe wie Angestellten.

Die stellvertretende Vorsitzende des WDR-Personalrats und Kongressmoderatorin, Stephanie Hajdamowicz, (ARD-Freienrat) berichtete von der Arbeit in der gesetzlichen Personalvertretung und forderte, dass feste Freie in allen ARD-Sendern durch die Personalräte vertreten sein müssen. Sie lobte die 2021 erfolgte Novellierung des Bundespersonalvertretungsgesetzes, das in der Regelung für die Deutsche Welle auch arbeitnehmerähnliche Beschäftigte in den Geltungsbereich aufnimmt. „In der Folge gibt es inzwischen nicht nur Freie im Personalrat der Deutschen Welle, sondern in der Folge auch beim Norddeutschen Rundfunk und ab dem kommenden Jahr voraussichtlich auch beim RBB. Wir gehen davon aus, dass die Änderung auch für die Freien des Deutschlandradios durchschlägt und fordern, dass endlich auch die MDR-Länder und Bayern den Weg freimachen.“

Neben den tarifpolitischen Diskussionen und Fachgesprächen über Arbeitsrecht beschäftigte sich der Freienkongress in mehreren Panels u.a. mit neuen Entwicklungen wie dem Einfluss von KI-gestützter Technik für den Rundfunk und den Chancen für gemeinnützige Finanzierung von freier journalistischer Arbeit. Mit dem Preis des ARD-Freienrats „Das dicke Brett“ würdigte der Freienkongress in diesem Jahr den wöchentlich erscheinenden Newsletter der rbb-Freienvertretung. „Der Newsletter erscheint inzwischen seit über fünf Jahren zuverlässig mit ungewöhnlich hoher Taktung und ist ein gelungenes Beispiel, dass die Kombination aus geschriebenem Wort, Transparenz und Beharrlichkeit auch Interessenvertretungen mit wenig formaler Macht echten Einfluss verschaffen kann“, so der Vorstand des ARD-Freienrats. Lobend erwähnt wurde auch die Mailingliste der Freien im Deutschlandradio und das umfangreiche Angebot an Freien-Sprechstunden des WDR-Personalrats. Nach zwei zuvor durch Corona bedingten Online-Kongressen planen die Freien von ARD, ZDF und Deutschlandradio ihre Kongressreihe in etwa jährlichem Abstand in Präsenz fortzusetzen.

für den ARD-Freienrat: der Vorstand

Ansprechpartner:
Stefan Tiyavorabun stefan.tiyavorabun[ät]swr.de
Stephanie Hajdamowicz stephanie.hajdamowicz[ät]fm.wdr.de
Christoph Reinhardt christoph.reinhardt[ät]rbb-online.de

Welche Zukunft haben Freie in der ARD? Freienkongress 2023 – jetzt anmelden!

Welche Zukunft haben Freie angesichts der Sparvorhaben in der ARD? Und wie geht es mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk weiter? Nach zwei virtuellen Kongressen wollen wir uns endlich wieder in Präsenz austauschen und mit den Verantwortlichen aus Politik und Sendern diskutieren.

Dazu haben wir Freie in der ARD den

Freienkongress 2023
am 13. und 14. Oktober 2023
im WDR Funkhaus in Köln

organisiert. Nun steht auch das Programm und es ist mit interessanten Inhalten und hochkarätigen Teilnehmern hoffentlich Motivation für Eure Teilnahme. Der Kongress beginnt am Freitag, den 13. Oktober 2023, mit einer Diskussion zur Zukunft freier Mitarbeit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, u.a. mit WDR-Verwaltungsdirektorin Katrin Vernau und der Vorsitzende WDR-Programmausschusses, Petra Kammerevert, Mitglied des Europäischen Parlaments, beinhaltet zahlreiche Workshops zu verschiedensten Freienthemen und schließt am Samstag ab mit einer Diskussion zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, u.a. mit dem WDR-Programmdirektor Information Jörg Schönenborn, dem DJV-Vorsitzenden Frank Überall und Vertretern aus der Politik. Dazwischen gibt es jede Menge Gelegenheit zum individuellen Austausch und Information – das ausführliche Programm findet Ihr hier:

Die Anmeldung ist über folgenden Link möglich:

https://www.events.wdr.de/ardfreienrat

oder über den QR-Code in der Einladung:

Die Teilnahme ist kostenlos. Fahrtkostenzuschüsse sind möglich.

Euer ARD-Freienrat

rbb-Kürzungspläne: Nicht auf dem Rücken der Freien!

Die Interimsintendantin des Rundfunk Berlin Brandenburg (rbb), Katrin Vernau, hat für ihren Sender ein umfassendes Kürzungspaket vorgelegt. Bis Ende 2024 soll der rbb u. a. 100 Stellen abbauen und rund 49 Millionen Euro einsparen, darunter 21 Millionen Programmmittel. Damit will Vernau die Misswirtschaft unter der Schlesinger-Geschäftsleitung korrigieren. Die finanziellen Folgen müssen allerdings vor allem die Freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tragen. Der ARD-Freienrat fordert, auf betriebsbedingte Beendigungen zu verzichten:

Angesichts der im vergangenen Jahr bekannt gewordenen Misswirtschaft und der angeschlagenen finanziellen Lage ist eine Neuaufstellung des rbb nicht nur in personeller, sondern auch in finanzieller Hinsicht unausweichlich. Am Ende des Prozesses muss deutlich werden: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht nicht für Spitzengehälter, Ruhegeld-Exzesse und die Verschwendung von Rundfunkbeiträgen. Er dient nur dem einzigen Zweck, sein Publikum mit einem zuverlässigen, vertrauenswürdigen Programm zu versorgen – unabhängig von politischen und wirtschaftlichen Interessen.

Wenn der rbb zu diesem Zweck Doppelstrukturen abbaut, mehr Zusammenarbeit mit anderen Sendern sucht oder nicht mehr benötigte Flächen abgibt, ist das nicht zu beanstanden. Der völlig falsche Weg wäre es aber, ausgerechnet am Kernauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu sparen: An den Programmangeboten und denen, die sie herstellen!

Der ARD-Freienrat begrüßt ausdrücklich, dass die rbb-Intendantin den angestellten Beschäftigten zugesagt hat, auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten und den geplanten Stellenabbau sozialverträglich zu gestalten. Dies muss auch für die freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gelten, insbesondere für die mehr als 1400 arbeitnehmerähnlichen Freien des rbb! Sie sind nicht nur wirtschaftlich abhängig und sozial schutzbedürftig, sondern müssen in der Regel mit deutlich geringeren Einkommen als ihre angestellten Kolleginnen und Kollegen zurechtkommen. Erst ihre Arbeit ermöglicht es dem Sender überhaupt, seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag zu erfüllen.

Wir fordern für unsere freien Kolleginnen und Kollegen eine verbindliche Zusage der rbb-Intendantin, dass sie wie bei den Angestellten auf betriebsbedingte Beendigungen und Einschränkungen verzichtet und einen möglichen Abbau von freier Beschäftigung sozialverträglich gestaltet. Während der rbb Spitze war bei Verschwendung und AT-Gehältern, liegt er bei den Rechten der Freien im ARD-Vergleich weit zurück. Faire Honorare und eine zuverlässige Beschäftigungssicherung für langjährige arbeitnehmerähnliche Freie sind kein Luxus, den man sich in Krisenzeiten nicht leisten will. Sie sind die Basis für ein vertrauenswürdiges Programm.

Die freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des rbb waren weder an den Machenschaften der Schlesinger-Geschäftsleitung beteiligt, noch haben sie davon profitiert. Die Folgekosten ausgerechnet auf die Schwächsten abzuwälzen, würde die Akzeptanzkrise des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht lösen, sondern nur noch vertiefen.

Mit mehr Mitbestimmung und modernerem Personalmanagement aus der Krise

Gemeinsame Erklärung der ARD/ZDF-/Deutschlandradio-Personalratsvorsitzenden und des ARD-Freienrates

Eine stärkere Mitwirkung der Beschäftigten und ein besseres Personalmanagement fordern die ARD-/ZDF-Personalratsvorsitzenden und der ARD-Freienrat als Lehren aus der ARD-Krise. „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist ein Garant für die Freiheit und Zuverlässigkeit der Information aller Bevölkerungsschichten und zwar unabhängig von kommerziellen und politischen Interessen. Dazu muss der Bedarf an Personal transparent offengelegt und finanziert werden. Die Beschäftigung der ständigen freien Mitarbeitenden, die einen wesentlichen Teil der Inhalte liefern, muss dabei in Anstellungsverhältnisse umgewandelt oder auf eine vergleichbar verlässliche Grundlage gestellt werden“, erklärten sie in Berlin. Dazu gehört auch, dass freie Mitarbeitende, die vielfach Schulter an Schulter die gleiche Arbeit mit Angestellten verrichten, ebenso die allgemein üblichen demokratischen Mitbestimmungsrechte in den Personalräten aller Rundfunkanstalten erhalten. Als Korrektiv und Kontrollinstanz sollte die Sicht der Mitarbeitenden stärker Eingang in die Rundfunk- und Verwaltungsräte finden, erklärten die Personalratsvorsitzenden und der ARD-Freienrat, der sich für die Interessen der rund 18.000 Freien in ARD, ZDF und Deutschlandradio
einsetzt.

Die ARD-/ZDF-/Deutschlandradio-Personalratsvorsitzenden und der ARD-Freienrat

Osterurlaub als Freien-Protest

Beim Rundfunk Berlin Brandenburg (RBB) kommt es in der Woche vor Ostern zu Programmeinschränkungen. Grund: rund 370 feste Freie haben aus Protest gemeinsam Urlaub genommen und stehen dem Sender nicht zur Verfügung. Stephanie Hajdamowicz vom Vorstand des ARD-Freienrats hat über den Konflikt mit dem Vorsitzenden der rbb-Freienvertretung Christoph Reinhardt gesprochen.

Der Kampagnen-Website wirsindnichtda.rbbpro.de kann man entnehmen, dass die Aktion mit den gescheiterten Tarifverhandlungen um eine Bestandsschutz-Regelung zusammenhängt. Worum genau geht es? 

Die Gewerkschaften fordern seit fast einem Jahr, dass die langjährigen Freien des RBB eine Mindestbeschäftigung garantiert bekommen. Das ist in vielen ARD-Sendern und beim ZDF teilweise schon seit Jahrzehnten üblich, aber der RBB hat so eine Absicherung der Freien immer abgelehnt. Zuletzt hatte der SWR eine gute Lösung für seine Freien gefunden: Sie bekommen eine Beschäftigungs- und damit auch Einkommensgarantie. Nach sechs Jahren entfällt auch für programmgestaltende Freie die Befristung, und die Kündigungsmöglichkeiten entsprechen in etwa denen, die der Sender bei Angestellten hat. So einen Tarifvertrag hätten wir gerne auch beim RBB.

Warum ist Bestandsschutz so wichtig? 

Der rbb beschäftigt regelmäßig 1500 arbeitnehmerähnliche feste Freie, und wer keinen Arbeitsvertrag hat, bei dem greift auch nicht das Arbeitsrecht. Das fängt an bei den Arbeitszeiten und Pausen, aber existenziell ist vor allem der fehlende Kündigungsschutz. Gerade für diejenigen, die schon ein paar Tage älter sind, ist das sehr belastend. Egal, ob man erst zwei Monate dabei ist oder schon 20 Jahre, man kann jederzeit auf die Straße gesetzt werden. Das betrifft beim RBB vor allem die sogenannten programmgestaltenden Freien, die Journalistinnen und Journalisten. Während die Kolleginnen und Kollegen auf Produktion und Technik zur Not zum Arbeitsgericht gehen können und dort meist gute Aussichten haben, ihren Anspruch auf Beschäftigung klären zu lassen, sind die Aussichten für Programmgestaltende deutlich schlechter. Ein Tarifvertrag kann gerade dieser Gruppe die Sicherheit verschaffen, die für die Angestellten selbstverständlich sind.

Die Verhandlungen sind im März gescheitert. Die Freien haben sich in den Urlaub abgemeldet, die Gewerkschaften bereiten einen Streik vor. Christoph, du hast auch für den DJV an den Tarifverhandlungen teilgenommen. Wie realistisch ist es, doch noch einen Kompromiss zu finden? 

Das Programm des RBB machen ganz überwiegend die Freien, ohne uns geht es einfach nicht. Und wir gehen natürlich davon aus, dass die Geschäftsleitung sich die Sache noch einmal überlegt und erkennt, dass die Zeit reif ist für einen neuen Umgang mit den Freien. Gerade wenn der Umstieg in die digitale Medienwelt gelingen soll, geht es nur miteinander, nicht gegeneinander. Man merkt der Geschäftsleitung an, wie groß die Sorge ist, bei diesem digitalen Umbau nicht flexibel genug zu sein – darum beharrt sie so sehr darauf, das alte Hire-and-fire-Modell nicht aus der Hand zu geben. Aber das ist altes Denken und wird dem RBB nicht weiterhelfen. Die Gewerkschaften hatten in der vorerst letzten Verhandlungsrunde ein sehr weit gehendes Kompromissangebot gemacht, das das Interesse der langjährigen Freien an einer existenziellen Absicherung und der Geschäftsleitung nach programmlicher Flexibilität vereinbaren könnte. Es ist deutlich ausgefeilter als die meisten bestehenden Bestandsschutzregelungen. Z.B. bei der Weiterqualifizierung für neue Tätigkeiten, und als letztes Mittel ist sogar die Möglichkeit zu betriebsbedingten Kündigungen vorgesehen. Auf dieser Basis könnten die Verhandlungen schnell weitergehen.

rbb-Freie protestieren in der Osterwoche – Programmausfälle sind zu erwarten

Pressemitteilung der rbb-Freien vom 8. April 2022

In der Zeit vom 11.-18. April wird es beim rbb voraussichtlich zu Ausfällen im Hörfunk, Fernsehen und Online-Angebot kommen. Der Grund: Mehrere hundert freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben angekündigt, in der Osterwoche nicht für den rbb zu arbeiten. Unter dem Motto „#wirsindnichtda“ haben sie sich zum gemeinsamen Osterurlaub verabredet oder arbeiten ausschließlich für andere Auftraggeber. Sie protestieren damit gegen unsichere Beschäftigungsverhältnisse und fordern eine Bestandsgarantie für die sogenannten „arbeitnehmerähnlichen“ freien Mitarbeiter*innen, die z.T. seit vielen Jahren für den rbb tätig sind. Entsprechende Tarifverhandlungen, zu denen sich der rbb nach Protesten im Mai und Oktober des vergangenen Jahres gezwungen sah, scheiterten erst kürzlich. Weil der rbb nicht bereit war, über ein von den Gewerkschaften ver.di und DJV eingebrachtes Kompromissangebot zu verhandeln, brachen die Gewerkschaften die Tarifverhandlungen ab.

Schwerpunkte der Protestaktionen in den kommenden Tagen sind das neue „Crossmediale Newscenter (CNC)“ sowie die Redaktionen rbb24, Abendschau und Brandenburg aktuell, außerdem die Hörfunkwellen Inforadio und rbb-Kultur, die bis zum Ostermontag weitgehend ohne freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auskommen müssen. Auch viele freie Kameraleute, Cutter*innen, Grafiker*innen und Techniker*innen werden in der betreffenden Woche nicht für den rbb tätig sein.

Bereits Anfang Mai und im September 2021 gab es im rbb ähnliche Protestaktionen, an denen sich jeweils rund 500 vor allem freie Mitarbeiter*innen beteiligt haben.

Der rbb beschäftigt rund 1500 „arbeitnehmerähnliche Freie“ und ca. 2000 angestellte Mitarbeiter*innen.

 

Weitere Informationen auf der Aktionswebseite http://wirsindnichtda.rbbpro.de